Visuelle Transformation
In dieser Werkgruppe werden Paketaufkleber als Hintergrund verwendet. Diese Aufkleber besitzen in ihrem ursprünglichen Bereich eine fest zugeordnete Bedeutung. Mit ihnen wird kommuniziert, es wird eine Aussage visuell mitgeteilt. Sie sind sprachunabhängige Piktogramme zur Orientierung. Diese Zeichen/Symbole werden in dieser Serie umgedeutet, einer anderen Aussage zugeordnet. Die ursprüngliche Symbolik erhält eine überraschende Wendung. Mit dem zweiten Blick ergibt sich so eine gänzlich andere Geschichte.
"Siehst du den Hut dort auf der Stange?" (Piktogramm "Schwerpunkt")
In Schillers "Wilhelm Tell" lässt Landvogt Gessler zu Altdorf einen Hut auf eine Stange stecken und befiehlt der Bevölkerung diesen mit entblößtem Haupt und Beugen der Knie Reverenz zu erweisen. Als Tell mit seinem Sohn Walther achtlos an diesem Symbol vorbeigeht, macht ihn sein Sohn mit den Worten darauf aufmerksam: "Ei Vater, sieh den Hut dort auf der Stange!".
Der habsburgische Vogt befiehlt Wilhelm Tell am folgenden Tag, mit der Armbrust, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schießen. Wenn er es nicht tue, müsse sein Sohn mit ihm sterben. Tell trifft den Apfel. Der Landvogt fragt ihn, warum er zwei Pfeile für seine Armbrust dabeihabe. Nachdem der Vogt ihm zusichert, ihn nicht zu töten, sagte Tell, falls er sein Kind getroffen hätte, der zweite Pfeil für den Landvogt bestimmt gewesen wäre. Der Vogt lässt Tell daraufhin gefesselt auf seine Burg nach Küssnacht überführen, wo er lebenslang eingekerkert werden sollte.
Auf dem Vierwaldstätter See aber bringt ein Sturm das Schiff in Gefahr und Tell wird seiner Fesseln entledigt, um das Boot zu lenken. Geschickt steuert er es gegen das Ufer, wo die Steilwand Axen sich erhebt, und springt dort auf eine hervorstehende Felsplatte, die bereits im Weißen Buch von Sarnen Tellsplatte heißt. Er eilt über die Berge nach Küssnacht und erwartet den heimkehrenden Vogt in einem Hohlweg, der Hohlen Gasse und erschießt ihn aus einem Hinterhalt mit der Armbrust. Tells Tyrannenmord ist der Auslöser zum bewaffneten Aufstand, der nach dem Sieg bei Morgarten (1315) die Eidgenossenschaft als reichsunabhängige Regionalmacht etalbliert (vgl. Wikipedia Wilhelm Tell und Duden, Zitate und Aussprüche 4.A., Seite 503).
"Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit" (Piktogramm "Diese Seite nach oben")
Dieses Bild lässt sich vielseitig interpretieren:
z.B. politisch: Europa steht im internationalen Wettbewerb u.a. mit den USA, China und dem bevölkerungsreichen Indien. Ein einzelner Staat kann sich hier nicht durchsetzen. Gemeinsamkeit macht stark. Politik bedeutet "handeln", d.h. nicht nur reagieren, sondern agieren, vorausschauen, planen. Wenn jedoch falsch bzw. nicht rechtzeitig gehandelt wird, geht es in die falsche Richtung. Hier im Bild von Rot (=Dynamik, Kraft) nach unten ins Grau (=Langsamkeit, Vergangenheit). Die Politik hat die Zeichen der Zeit nicht oder zu spät erkannt. Man kann mit diesen alten Stiefeln nicht mehr Schritt halten.
Oder betriebswirtschaftlich: Stillstand bedeutet Rückschritt, Fortschritt bedeutet Veränderung. Veränderung bedeutet, dass man sich anpassen muss, sich bewegen muss. Wenn man nicht gerade in einer Behörde arbeitet, dann steht jede Firma mehr oder weniger in Konkurrenz zu anderen Unternehmen. Es wird keiner Rücksicht auf das Unternehmen nehmen, der Kunde schon gar nicht. Man rutscht unwillkürlich in den grauen Bereich des Bildes.
Das Zitat stammt übrigens von Josef Neckermann (1912 - 1992), ausgesprochen zur Blütezeit seines Betriebes, um im Bild zu bleiben, im roten Bereich. Allerdings hielt er sich nicht an seine eigene Aussage. Der Niedergang seines Geschäftsmodelles zählte zu den größten Wirtschaftsaffären Nachkriegsdeutschlands.